Warum ich nicht in Aktien investiere

Bekannte Investmentgrößen wie Ray Dalio und David Swensen predigen es schon lange. Und je länger ich mich mit dem Thema Aktien beschäftige desto klarer reifen in mir die Gedanken und Gründe warum ich selbst nicht in Einzelaktien mein Geld anlege. In diesem Beitrag gehe ich das ganze Thema von Seiten der Psychologie an.

Aktie vs. ETF

Ein bisschen Clickbaiting und Provokation muss schon sein, oder? Natürlich investiere ich in Aktien aber halt nicht direkt in Einzeltitel sondern über ETFs (Indexfonds). Ich bin mir dabei vollkommen bewusst, dass ich dadurch nur die durchschnittliche Marktrendite erzielen kann. Aber allein durch diese Entscheidung bin ich mit großer Wahrscheinlichkeit schon der Mehrzahl der Einzelaktieninvestoren langfristig überlegen. Und mir genügt diese Rendite auch aus.

Eine Sache möchte ich aber sagen. Das Investment in Aktien ist grundsätzlich richtig und wer in Einzeltitel investieren möchte soll das auch gefälligst tun. Nein das ist Alles in Ordnung. Zumindestens dann wenn du als Investor nicht nur den bunten Verkaufsprospekten und Versprechnungen der Unternehmen folgst sondern eine gründliche Fundamentalanalyse einer Aktie durchführst und nur dann diese kaufst wenn du den inneren Wert der Aktie genau genug abschätzen kannst und dazu noch strikt eine Sicherheitsmarge verwendest.

Ein kleiner Ausflug

Warum investiere ich dann nicht selbst in Einzeltitel? Um diese Frage zu beantworten muss ich etwas ausholen. Das Konzept der Fundamentalanalyse ist seit Mitte der 1930er bekannt. Also seit fast 90 Jahren. Es gibt unterschiedliche Methoden um den inneren Wert eines Unternehmens gut zu bestimmen. Ich möchte hier nur auf zwei Methoden verweisen. Zum einen die von Benjamin Graham, dem Vater der Fundamentalanalyse, verwendete Methode des Net Current Asset Values und die des Discounted Cash Flows. Wir haben Hunderttausende wenn nicht Millionen Marktteilnehmer. Von denen kennen und wenden sehr viele die Fundamentalanalyse an. Von diesen Marktteilnehmern sind Zigtausende Profis wie Börsenhändler, Fondsmanager und Analysten. Die beschäftigen sich tagtäglich mit den Aktien und den Unternehmen die dahinter stehen. Es gibt Tools und Computerprogramme die einen bei der Analyse unterstützen. Und dennoch gibt es nur eine handvoll von langfristig erfolgreichen Investoren. Mit langfristig meine ich über Zeiträume von +25 Jahren und erfolgreich die damit sehr reich werden.

Wir sprechen hier nicht einmal vom Promillebereich sondern noch weit darunter. Warum ist das so? Um diese Frage zu beantworten sollte man sich diese wissenschaftliche Untersuchung zum Erfolg von Warren Buffett (einem legendären Value Investor) durchlesen. Dabei spielt die Fundamentalanalyse und das daraus resultierene Value Investing ganz klar eine Rolle für seinen Erfolg. Aber eben auch das Hebeln von Aktien und natürlich die menschlichen Eigenschaften von Warren, wie eiserne Disziplin, die perfekt mit der Idee des Value Investing über ein gehen. Und bei letzteren sehe ich mein eigenes Problem und wahrscheinlich ist es auch das Problem vieler Anleger. Es ist ihnen aber bisher nicht bewusst.

Kognitive Verzerrungen

Wir Menschen unterliegen leider kognitiven Verzerrungen. Und man kann sich ihnen nicht ganz entziehen. Für das Aktieninvestment möchte ich nur ein paar Beispiele nennen.

Der Ankereffekt. Wir kaufen eine Aktie zu einem gewissen Einstandspreis. Nach einigen Monaten schauen wir in unser Depot. Oh Gott die Aktie ist 15% im Minus. Verkaufen? Ganz automatisch nehmen wir den Einstandspreis als Anker für eine Entscheidung an obwohl der nichts mit der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens zu tun hat. Die Grundlage ob wir die Aktie verkaufen sollten darf nie der Einstandspreis sein sondern wie wir die Marktstellung, die Umsatz- und Gewinnentwicklung des Unternehmens in den nächsten Jahren bewerten.

Die Verlustaversion. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass wir Menschen Besitz einen größeren Wert beimessen als einen zusätzlichen Gewinn. Es lässt sich beim Aktienhandel immer wieder folgendes Phänomen beobachten. Der Aktienbesitzer hält verzweifelt an seiner Aktie fest obwohl diese immer weiter in den Keller rutscht. Er tut dies in der Hoffnung, dass sich die Aktie wieder erholt. Das Gegenteil eine Aktie geht ins Plus und der Aktienbesitzer verkauft seine Aktie frühzeitig um einen Gewinn zu realisieren. Dazu passt sehr gut die alte Börsenweisheit „Verluste begrenzen und Gewinne laufen lassen“.

Die Kontrolillusion ist eine kognitive Verzerrung die uns glauben lässt wir könnten ein durch Zufall bestimmtes Ereignis durch unser tun beeinflussen. Ob wir einen Lottoschein mit unseren eigenen Zahlen ausfüllen oder durch, vom Computer erzeugte zufälligen Zahlenkombinationen macht keinen Unterschied. Nur glauben die meisten man hätte größere Chancen mit den eigenen Zahlen. Viele Anleger meinen wenn sie mit ihren Aktien Gewinne einstreichen liegt das an Ihrem eigenen Können. Gleichzeitig werden aber Verluste äußeren Faktoren zugeschrieben. Irre, oder?

Das lässt mich zu dem Punkt Selbstüberschätzung kommen. Der bereits erwähnte Warren Buffett sagte einmal „Investiere nur in eine Aktie, deren Geschäft du auch verstehst.“. Wir Menschen neigen leider dazu unsere eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu überschätzen. Ich nehme mich dabei nicht aus. Habe ich eine Aktie gründlich untersucht muss ich mir immer die Frage stellen habe ich das Geschäftsmodell des Unternehmens wirklich verstanden? Noch weitfassender ist die Frage kenne ich die Einflussfaktoren auf das Geschäftsmodell des Unternehmens hinreichend und genau genug? Ich glaube es war Benjamin Graham der mal sagte „es ist nicht sonderlich klug als Mitarbeiter Aktien des eigenen Unternehmens zu kaufen“. Er meinte dies vor dem Hintergrund, dass man als Mitarbeiter eher dazu geneigt sei das Unternehmen und sein Geschäft genau zu verstehen.

Meine Erkenntnis daraus

Kommen wir nun zu mir zurück. In meiner Selbsterkenntnis, dass ich diesen kognitiven Verzerrungen höchstwahrscheinlich nicht entrinnen kann und ich sehr dumme Fehler vermeiden möchte habe ich mich entschlossen auf ETFs zu setzen. Und zwar ganz passiv. Ich lege das Kapital an und lass es arbeiten. Ich kaufe einfach alle Aktien. Das ist meine eigene Entscheidung und jeder sollte diese für sich selbst treffen. Wer in der Lage ist ständig rational zu agieren und sich durch niemand beeinflussen lässt, wer in der Lage ist bei kompletten Gegenwind nicht gleich einzuknicken für den ist das Investment in Einzelaktien eine gute Option. Dies aber immer nur unter der Voraussetzung einer gründlichen Voruntersuchung. Ich kann nur jeden empfehlen sich ernsthaft mit seiner Psyche im Zusammenhang mit Aktieninvestments auseinanderzusetzen.

Noch ein Zitat möchte ich mit auf den Weg geben.

„Man hat weder Recht noch Unrecht, weil andere derselben Meinung sind. Man hat Recht, weil die Fakten stimmen und die Überlegungen richtig sind.“

Benjamin Graham


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