ETF hebeln mit Fremdkapital

Was bei Wohnimmobilien gang und gebe ist, nämlich die Fremdfinanzierung durch einen Kredit sollte doch auch bei einem Investment in ETFs möglich sein. Diesen Sachverhalt möchte ich in den Beitrag näher beleuchten. Die Risiken sowie Vor- und Nachteile aufzeigen.

Wie kann man nur?

Ich sehe schon die Ersten, die beim Lesen des Titels den Zeigefinger heben und mit schimpfen anfangen. Dabei ist die Finanzierung von Investments mit Fremdkapital nichts Neues. Tausende Wohnimmobilien werden jedes Jahr in Deutschland durch Bankkredite finanziert. Und die Banken leihen sich ebenfalls Geld von der Bundesbank um diese Kredite zu finanzieren.

Dafür analysieren die Banken jedoch die Kreditwürdigkeit des Kunden sehr sorgfältig und lassen sich zusätzlich zur Sicherheit noch ins Grundbuch eintragen.

Natürlich kann man auch Aktien auf Pump kaufen. Aber Vorsicht hier besteht immer das Risiko für einen Totalverlust. Das es aber auch funktionieren kann zeigt das Beispiel Warren Buffett. Der Miliardär nutzte vor allen dingen in seiner Anfangszeit als Investor massiv den Hebel von Fremdkapital. Ist ja auch klar. Woher soll auch das viele Geld kommen.

Gleichzeitig fällt mir aber auch die Lebensgeschichte von Benjamin Graham ein. Seine Mutter investierte in einer finanziellen Notsituation auf Pump an der Börse und verlor das Geld. Dieses Ereignis war ein Schlüsselmoment in Grahams Leben und einer der Auslöser, dass er sich später so intensiv mit Aktien und ihrer Analyse beschäftigte.

ETF mit Fremdkapital

Ein Investment in einen breit-diversifizierten ETF wird sich langfristig positiv entwickeln. In unseren Beispiel gehen wir von einem Anlagezeitraum von 10 Jahren aus. Zu 10.000€ Eigenkapital nehmen wir noch einen Kredit von 20.000€ auf. Dafür bieten uns verschiedene Banken Kredite zur freien Verfügung an. Dabei handelt es sich um Ratenkredite mit festen Zinssatz.

Die Höhe des Zinssatzes richtet sich nach der Bonität des Antragstellers. In unseren Beispiel nehmen wir einen festen Sollzinssatz von 3,82% an. Daraus ergibt sich dann eine Monatsrate von etwa 200€. Die über die 10 Jahre gezahlten Zinsen belaufen sich auf etwa 4.097€.

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Man erkennt in dem Beispiel, dass die Zinsen zwar unterhalb von Zinssätzen für Dispositionskredite liegen. Immobilienkredite sind zur Zeit aber deutlich günstiger zu bekommen.

Abrechnung nach 10 Jahren

Wir nehmen ein durchschnittliches Wachstum von 7% Prozent pro Jahr für unser ETF Depot an. Am Ende des Anlagehorizonts von 10 Jahren ist das Depot auf 59.015€ angewachsen. Nach Abzug von Kapitalertragssteuer von 5.357€ (Teilverfahren, 70% des Depots werden mit 26,375% besteuert) und Zinsen von 4.097€ bleibt ein Vermögensendwert von 49.560€.

Vorteile

Hätten wir ohne Fremdkapital die 10.000€ investiert wären wir nur bei 17.886€ Vermögensendwert gelandet. So konnten wir unser Vermögen innerhalb von 10 Jahren auf fast 50.000€ erhöhen. Ohne Fremdkapitalhebel hätten wir dafür unter gleichen Bedingungen 27 Jahre benötigt.

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Das Risiko eines Totalverlustes, wie es zum Beispiel in ein Investment in eine Einzelaktie gegeben ist, lässt sich bei einen breit diversifizierten ETF, zum Beispiel MSCI World, nahezu ausschließen. Wir haben zur Zeit eine globale Krisensituation durch Covid-19. Die derzeitige Kursentwicklung der Indizes kann somit als gute Referenz für ein weltweit umfassendes Krisenszenario herangezogen werden.

Nachteile

Wir sollten uns zunächst klar machen, dass diese Art des Investments mit enormen Risiken behaftet ist. Wir arbeiten mit Fremdkapital und es könnte sein, dass nach 10 Jahren das Depot durch eine globale Krise viel tiefer steht als am Anfang des Investments. Das würde dann bedeuten, dass man das Depot nicht auflösen kann. Im Gegenteil man müsste weiter warten. Ist man jedoch auf das Geld angewiesen so macht man ein Verlustgeschäft.

thomas knedel

Einen weiteren Nachteil sehe ich in der Form des Kredites welcher von Banken als Konsumkredit bewertet werden kann. Dies verschlechtert unsere Bonität und damit die Möglichkeit an günstige Finanzierungskonditionen für andere Anlageformen, zum Beispiel Immobilien, zu kommen. Wie bereits erwähnt sind die Zinssätze deutlich höher als bei Annuitätendarlehen von Immobilienfinanzierungen.

Um einen vergleichbaren Hebel wie bei einer 90% Finanzierung einer Immobilie zu haben muss man bonitätsabhängig mit einen Sollzins von 4,88% rechnen. Vergleicht man das hypothetische Wachstum von 7% per Annum mit diesen Zinssatz so steht das in keinem Verhältnis zum Risiko. Bei Auflösung des thesaurierenden Depots fällt außerdem die Kapitalertragssteuer an. Eine Immobilie kann man im Gegensatz dazu nach 10 Jahren steuerfrei veräußern.

Fazit

Einen ETF mit Fremdkapital zu hebeln stellt eine Möglichkeit dar sein Eigenkapital schneller zu vergrößern. Das Investment ist jedoch mit Risiken verbunden. Man sollte nie mit Fremdkapital investieren falls man auf das angelegte Geld angewiesen ist. Gleichzeitig sollte die monatliche Belastung durch die Bankrate so gering sein, dass sie mühelos vom Kreditnehmer zu bewältigen ist. Steuerlich ist dieses Investment einem Investment in Immobilien unterlegen. Falls man zusätzlich in Immobilien investieren möchte sollte man sich Gedanken hinsichtlich der eigenen Bonität und der Bewertung dieser durch die Banken machen.

Ich persönlich ziehe das Hebeln meines ETF-Portfolios nicht in Betracht. Mir ist langfristig meine Bonität gegenüber den Banken wichtiger.

Foto: Austin Distel, www.unsplash.com


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