Aktien vs. Immobilien
Inhalt
Was ist die bessere Anlageform? Mit welchem Investment kann man schneller Vermögen aufbauen? Und ganz wichtig für das passive verdienen.Was macht mehr Arbeit? Ich habe mich an einen Vergleich gewagt.
Auf gehts
Beim Lesen diverser Artikel über das Thema ist mir aufgefallen, dass das Thema immer sehr vereinfacht dargestellt wird. Ich möchte zunächst auch so einsteigen. Dann versteht man auch die grundlegenden Wesenszüge beider Investments besser.
Im Anschluss werde ich noch etwas tiefer in die Materie gehen und zeigen, dass ein Vergleich nicht ganz so trivial ist als es auf den ersten Blick erscheint.
Nehmen wir nun an wir haben 10.000€ zur freien Verfügung und sollen es einmal in Aktien investieren und einmal in Immobilien.
Okay zu erst investieren wir die 10.000€ in Aktien. Hier kommt aber schon die erste Krux. Sollen wir in eine Einzelaktie, Aktienpaket oder doch gleich in einen ETF investieren?
ETF Wertdepot
Da ich ein Freund von ETFs bin lass uns in einen ETF, sagen wir mal auf den MSCI World investieren. Jetzt müssen wir schon etwas vereinfachen und sagen wie nehmen einen thesaurierenden ETF.
Warum thesaurierend? Wir möchten die Entwicklung über mehrere Jahre zum Beispiel 10 Jahre sehen. Das wird bei den meisten Vergleichen die ich gefunden habe überhaupt nicht betrachtet. Man nimmt pauschal x Prozent an und am Schluss wird noch die Kapitalertragssteuer vom Ertrag abgezogen.
Für die Wertentwicklung nehmen wir im Durchschnitt 7 Prozent an. Das ist ein sehr konservativer Wert. Dafür habe ich übrigens ein gutes Beispiel gefunden. Unter diesen Link zur Seite von Finanztip kannst du dir die Wertentwicklung und die darauf anfallenden Steuern anschauen.
Am Ende der 10 Jahre hat unser ETF Depot einen Wert von 19.672€. Das ist eine stolze Summe, oder? Wir haben unsere Investition fast verdoppelt. Nun möchten wir verkaufen. Nach Teilfreistellung entfallen noch 18,46% Steuern auf den Ertrag. Nach Abzug dieser 1.786€ Steuern bleiben uns noch knapp 7.886€.
Wir haben also aus 10.000€ Anfangsinvestition 17.886€ Vermögensendwert gemacht. Ich betrachte also den Vermögensendwert als Geldgröße nach Steuern, die neu investiert werden kann.
Die Immobilie
Betrachten wir nun die Immobilie. Eine Wohnung. Mit 10.000€ werden wir uns kaum diese Wohnung kaufen können. Wir benötigen definitiv Fremdkapital. Für unser Beispiel nehmen wir nun eine Wohnung für den Kaufpreis von 100.000€ an.
Die Wohnung ist bereits vermietet und erwirtschaftet eine Bruttomietrendite von 6% des Kaufpreises. Warum 6%? Wir sind Investoren und unsere Absicht ist nicht eine Wertanlage zu haben in der wir jeden Monat noch extra Geld zuschießen müssen.
Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass wir als Investoren schon etwas suchen müssen um eine solche Wohnung zu finden. Es gibt aber genügend davon. Sogar welche mit noch viele höherer Bruttomietrendite.
Lese hier: mit Sparen anfangen durch ein Haushaltsbuch
Um es etwas zu vereinfachen nehmen wir an, dass wir unsere 10.000€ Eigenkapital komplett für die Kaufnebenkosten (Grunderwerbssteuer, Notar, Grundbucheintrag und Maklerkosten) verwenden. Den Kaufpreis finanzieren wir zu 100% durch die Bank.
Mit der Bank können wir einen Zins von 2% und eine anfängliche Tilgung von ebenfalls 2% vereinbaren. Die Sollzinsbindung beträgt 10 Jahre. Auch diese Werte sind nicht aus der Luft gegriffen. Die Kreditzinsen sind zur Zeit sehr niedrig.
Die monatliche Rate und den getilgten Betrag am Ende der Sollzinsbindungszeit kannst du dir bequem mit diesen Rechner ausrechnen.
Fassen wir zunächst zusammen. Unsere monatliche Bruttokaltmiete beträgt 500€. Der Kapitaldienst an die Bank beträgt 333€. Die Differenz davon sind 166€. Von diesen müssen wir aber noch die Bewirtschaftunsgkosten abziehen.
Und zwar die Bewirtschaftungskosten die nicht auf den Mieter umlegbar sind. Das sind zum Beispiel Betriebskosten, die Instandhaltungsrücklage, Kosten für die Verwaltung und eine Rücklage für eventuell auftretende Mietausfälle.
Die Abschreibung auf die Immobilie hat für die Berechnung keine Bedeutung. Sie wirkt sich aber steuer mindernd bei der Berechnung der Einkommenssteuer aus.
Ohne die einzelnen Bewirtschaftungskosten jetzt im Detail darzustellen nehmen wir einen konservativen Wert von 28% der Buttokaltmiete an.
Das sind 140€. Uns bleibt also ein positiver Cashflow vor Steuern von 27€/Monat. Das sollte immer unser Ziel sein um zu beurteilen ob sich diese Investition aus Investorensicht lohnt.
Vermögensbildung durch die Immobilie
Betrachten wir nun die Vermögensbildung bei der Immobilie. Es gibt drei wesentliche Bestandteile der Vermögensbildung.
- die Tilgung
- der freie Cashflow nach Steuern
- die Wertsteigerung der Immobilie
Wir bezahlen monatlich eine Rate von 333€ an die Bank. Diese Rate besteht aus Zinsen und Tilgung. Da wir das Darlehen langsam zurück bezahlen und die Annuität gleich bleibt sinkt der Zinsanteil und der Tilgungsanteil steigt sukzessive mit der Zeit an.
Am Ende der Sollzinsbindung haben wir bereits einen Betrag von 22.120€ an die Bank getilgt. Das Geld haben wir aber nicht persönlich aufgebracht sondern wurde durch unsere Mieter gezahlt.
Vor dem Einkauf haben wir als umsichtige Investoren den freien Cashflow vor Steuern berechnet. Der Cashflow nach Steuern ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie die Einkommensverhältnisse, die jährliche Abschreibung der Wohnung, Werbungskosten (inklusive Zinszahlungen).
Hier findest du einen Rechner. Man kann mit dem Grenzsteuersatz spielen um herauszufinden wie viel Geld uns am Ende vom Cashflow bleibt. Einfluss auf die Höhe der Abschreibung hat das Baujahr des Hauses in dem sich die Wohnung befindet. Häuser die vor dem 01.01.1925 errichtet wurden werden mit 2,5%/jährlich abgeschrieben. Häuser ab 1925 mit 2,0%/jährlich.
Mit unseren Ausgangszahlen bleibt uns ein Cashflow nach Steuern entweder leicht positiv oder leicht im negativen Bereich. Wir haben aber als Investoren Gestaltungsmöglichkeiten. Um den Cashflow zu optimieren können wir zum Beispiel die Miete anpassen.
Eine Mietanpassung macht zum Beispiel nach Mieterwechsel Sinn. Oder nach wert-steigernden Maßnahmen, wie zum Beispiel Badrenovierung und Erneuerung der Bodenbelege. Die Miete kann auch angepasst werden weil die Vergleichsmiete gestiegen ist.
Die Mietanpassung ist ein wichtiges Werkzeug des Investors und hier muss man eine gute Strategie aber auch Fingerspitzengefühl haben. Gleichzeitig muss es sinnvoll und für den Mieter nachvollziehbar sein. Im folgenden habe ich unser Beispiel modelliert.
Der Grenzsteuersatz wurde mit 43% angenommen und die jährliche Abschreibung mit 2%. Alle andere Daten wie Miete, nicht umlegbare Nebenkosten, Kapitaldienst sind wie oben beschrieben. Weiterhin wurde eine hypothetische Mieterhöhung von jährlich 1% vorgenommen. Daraus ergeben sich dann Werte wie in der Tabelle.
Wir sehen, dass wir im ersten Jahr noch einen leicht negativen Cashflow haben. Bereits nach der ersten leichten Mieterhöhung kommen wir ins Plus. Allein durch diese moderate Mieterhöhung erwirtschaften wir uns einen positiven Cashflow von insgesamt 1.426€ über einen Zeitraum von 10 Jahren.
Da das Geld nicht wie die Tilgung in der Immobilie gebunden und frei verfügbar ist kann es aus unserer Sicht zur Stärkung des Eigenkapitals verwendet werden. Wir haben zwei sinnvolle Möglichkeiten.
- Investition in eine weitere Immobilie
- Anlage des Geldes in andere Kapitalanlage (Aktien, ETFs, P2P-Kredite)
Wertsteigerung der Immobilie
Bereits vor der Kaufentscheidung muss der umsichtige Investor die langfristige Entwicklung des Umfeldes der Immobilie betrachten. Es macht wenig Sinn sich eine Wohnung in der Pampa mit schlechter Infrastruktur und negativer Bevölkerungsentwicklung zu kaufen.
Um etwas Gefühl für die Wertentwicklung zu bekommen habe ich mir Werte für D-Standorte herausgesucht. Dies habe ich bewusst gewählt um erstens konservative Werte zu haben und zweitens findet man an diesen Standorten noch häufig Immobilien mit guten Bruttomietrenditen.
Wir sehen, dass es an allen fünf Standorten in den letzten 10 Jahren Perioden mit negativer Preisentwicklung gab. Am Standort Kaiserslautern gibt es für 2020 einen Ausreißer. Das ist wahrscheinlich bedingt dadurch das es dort bisher zu wenige Angebote für das laufende Jahr gibt.
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Lassen wir den Ausreißer außen vor und betrachten nur die 9 Perioden davor ergibt sich für Kaiserslautern immer noch ein durchschnittliches Wachstum von circa 7% pro Jahr. Selbst am schlechtesten Standort in dieser Tabelle, Chemnitz, haben sich die Kaufpreise um 4,7% pro Jahr erhöht.
Nehmen wir nun die schlechteste Entwicklung zu Grunde so erhöht sich der Wert unserer Immobilie von 100.000€ auf immerhin 158.295€. Eine etwas bessere Preisentwicklung von zum Beispiel 6,5% pro Jahr würde übrigens den Wert der Immobilie auf 187.714€ steigen lassen.
Verkauf der Immobilie
Nach Zehn Jahren endet die Sollzinsbindung für unser Darlehen. Außerdem endet nach dieser Zeit auch die Spekulationsfrist für private Anleger. Das bedeutet nach dieser Zeit bezahlt man keine Steuer auf die erzielten Gewinne beim Verkauf.
Wir nehmen an wir finden einen Käufer der uns die Wohnung für 158.295€ abkaufen möchte. Da die Wohnung noch durch eine Grundschuld belastet ist gibt es verschiedene Möglichkeiten der Übertragung.
Wir vereinbaren mit dem Käufer, dass er für uns an die Stelle ins Grundbuch tritt und er die Restschuld von unseren Kredit übernimmt. Wir mindern den an uns zu zahlenden Kaufpreis um diese Schuld von 77.880€. Die Differenz von 80.415€ ist unser Gewinn aus dem Verkauf.
Zu diesen Gewinn kommen noch die 1.426€ positiver Cashflow. In Summe haben wir aus einer Anfangsinvestition von 10.000€ nach 10 Jahren einen Vermögendsendwert von 81.841€ geschaffen.
Risiken beider Investments
Eine Geldanlage in ETFs oder Immobilien ist immer mit Risiken verbunden. Als guter Investor sind wir uns dieser Sache bewusst. Diese Risiken erkaufen wir uns aber mit einer guten erwartbaren Rendite.
Obwohl ein globaler ETF über mehr als 1.600 Einzelaktien, viele Länder und Industrie- und Dienstleistungssektoren diversifiziert ist so zeigt sich bei globalen Krisen wie aktuell mit Covid-19 die Anfälligkeit.
Eine Wertanlage in ETFs macht meiner Meinung nach nur sehr langfristig Sinn. Als Anleger muss ich in der Lage sein eine schlechte Marktphase auszusitzen.
Eine Einzelimmobilie stellt sicherlich ein Klumpenrisiko dar. Ein Investor wird deswegen in Realität nicht nur eine Immobilie sondern sehr viele Immobilien erwerben. Und somit sein Risiko mindern.
Das Mietausfallrisiko muss bereits vor Kauf mit einkalkuliert und eingepreist werden. Ein größeres Risiko darf es somit nur mit einer größeren Rendite geben.
Große unvorhergesehene Schäden an einer Immobilie sind im Regelfall über die Gebäudeversicherung abgedeckt. Laufende Instandhaltungen muss ich als Investor in meiner Kalkulation mit einpreisen.
Das Wertsteigerungsrisiko bei einer Immobilie ist immer gegeben. Hier kann ich als Investor nur durch gründliche Analyse des Mikro- und Makroumfeldes vor Kauf der Immobilie eine Schätzung vornehmen. Wie oben gezeigt besteht aber selbst an vermeintlich schlechten Standorten ein attraktives Wertsteigerungspotenzial.
Fazit
Wir haben 10.000€ investiert. Einmal in einen breit gestreuten ETF und einmal in eine Immobilie. Die Vermögensendwerte nach Auflösung des ETFs bzw. nach Verkauf der Immobilie nach 10 Jahren stellen sich wie folgt dar.
- ETF: 17.886€
- Wohnung: 81.841€
Die Investition in eine Immobilie schafft einen deutlich größeren Vermögensendwert bei gleicher Anfangsinvestition im Vergleich zum ETF. Eine längere Haltedauer würde diesen Unterschied noch weiter vergrößern.
Haupttreiber des Unterschiedes ist der große Hebel durch das Bankdarlehen für die Wohnung. Außerdem der steuerfreie Verkauf der Immobilie nach zehnjähriger Haltefrist. Der freie Cashflow nach Steuern erhöht das Eigenkapital des Investors und bietet Möglichkeiten für weitere Investments.
Die anfängliche Eigenkapitalrendite für das beschriebene Immobilienprojekt beläuft sich auf circa 20%. Und liegt über die Laufzeit von 10 Jahren im Durchschnitt bei circa 7,7% (Nichtbetrachtung von Mieterhöhung und Erhöhung von nicht umlegbaren Nebenkosten).
Im Gegenzug werden beim ETF die Erträge mit 26,375% Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag beaufschlagt. Im Teilverfahren sind im gewählten Beispiel 30% des Vermögenszuwachses steuerfrei. Möchten wir als Investor laufende Erträge anderweitig investieren so müssen wir statt einen thesaurierenden einen ausschüttenden ETF wählen.
Vorteilig beim ETF ist der sehr geringe Zeitaufwand für das Investment. Der passende ETF wird gewählt und dann die Summe angelegt.
Bei der Immobilie ist mit einen deutlich größeren Zeitaufwand zu rechnen. Dies betrifft vor Allen die Akquise der Immobilie, die anfängliche Betreuung, Verwaltung und Organisation von Instandhaltungsmaßnahmen.
Wer langfristig große Vermögen aufbauen will ist mit Investments in möglichst viele Immobilien sehr gut beraten. Diese bieten durch den Hebeleffekt und das derzeitig niedrige Zinsniveau größere Möglichkeiten als andere Kapitalanlagen. Nichtsdestotrotz möchte ich im kommenden Beitrag unser Beispiel ETF mit einen Hebelinstrument simulieren und zeigen welche Möglichkeiten des Wertzuwachses sich dadurch bieten.
Beitragsfoto: Zane Lee, www.unsplash.com